ÄTHIOPIEN - Erste Schritte auf verbrannter Erde
Die gute Nachricht vorweg: Trotz aller Widrigkeiten ist unser medizinisches Team seit Ende August zurück, und TARGETs Gynäkologie- und Geburtshilfeklink Danakil hat ihre Tore wieder geöffnet! Mit provisorischem Strom und Wasser wurde der Notbetrieb gestartet.
RÜCKBLICK
Im letzten Jahresbrief berichteten wir, dass die Klinik aufgrund der bewaffneten Konflikte zwischen der Äthiopischen Zentralregierung und dem Bundesland Tigray, die sich auf die Region Afar ausdehnten, evakuiert werden musste und weitgehend zerstört wurde. Das mit enormem Aufwand in fünf mühevollen Jahren aus dem Nichts aufgebaute Hilfsprojekt für die von Weiblicher Genitalverstümmelung betroffenen Mädchen und Frauen wurde zum Ort der Verwüstung.
Die Afar waren gezwungen zu fliehen. In den Monaten, die folgten, herrschte Mangel einfach an allem, von medizinischem Equipment und Verbrauchsgütern über Medikamente bis hin zu Benzin für die beiden verbliebenen Fahrzeuge. Es gab keine Telefonverbindungen, die Bankgeschäfte waren stillgelegt. Cholera, Malaria und Masern brachen aus und grassieren weiterhin unter der Bevölkerung.
Zusätzlich zu den Folgen der Vertreibung und den erfahrenen Gräueltaten sehen sich die Afar einer anhaltenden Dürre ausgesetzt. Seit Ende 2020 blieb vier Mal aufeinanderfolgend die Regenzeit aus. Viele Nutztiere der Afar wurden von den Rebellen geraubt, getötet oder sind verdurstet. Ziegen, Kühe und Kamele sind seit jeher Lebensgrundlage der meisten Familien in Afar am Rande der Danakil. Hunger bis hin zu massiver Unterernährung der Kinder prägen das Bild vor Ort.
Die Spannungen zwischen Afar und Tigray sind groß, was die logistische und personelle Versorgung des Gebietes und unserer Klinik enorm erschwert. Öffentliche Wasserstellen und Stromnetze wurden zerstört. Hinzu kommt eine nie dagewesene Inflation des äthiopischen Birr.
PRÄSENT
Dennoch setzt sich unser treues Team mutig und ohne Unterlass ein, um den Frauen und Mädchen zu helfen. Sie unterstützten schwerpunktmäßig zwei Gesundheitszentren in Konnaba und Dire Dawa mit Geburtshilfe, Gynäkologie und Notfallversorgung. Patientinnen werden in die nächstgelegenen, bis zu 900 Kilometer entfernten, Krankenhäuser gebracht, obwohl auch diese mit den Versorgungsengpässen kämpfen.
Parallel wurde die dem Vandalismus ausgesetzte Klinik aufgeräumt, das Gelände gesäubert und die Wasserversorgung wiederhergestellt. Ein Generator liefert Strom, zumindest solange Diesel zu bekommen ist. Die Behörden haben den Anschluss an das öffentliche Stromnetz in Aussicht gestellt. Immerhin eine Perspektive, da unsere Photovoltaikanlage eine größere Instandsetzung benötigt, die momentan noch nicht durchführbar ist.
ZURÜCK!
Welch ein Aufatmen, als die Klinik Ende August den Notbetrieb vor Ort wieder aufnehmen konnte. Drei Hebammen mit Zusatzausbildung, ein Labortechniker und drei Fahrer für den noch vorhandenen Krankenwagen und das Versorgungsfahrzeug bilden den Grundstock des Teams.
Schwangerenvorsorge, gynäkologische Untersuchungen und einfache Eingriffe, Geburten und die Erstversorgung von Notfällen sind wieder möglich. Frauen mit vorhersehbaren Geburtsproblemen können ins zwei Stunden entfernte kleine Krankenhaus in Abala gebracht werden. Die Küche wurde rudimentär ausgestattet und versorgt unser Personal und Patientinnen mit einfacher Kost.
Wenn es auch weiterhin an allem fehlt, ist die Wiederaufnahme des Klinikbetriebs ein Zeichen der Hoffnung für die Menschen in der Wüstenregion. Wir sind wieder vor Ort und können den Mädchen und Frauen der zurückgekehrten Familien zuverlässig zur Seite stehen.